Zwangsbremsung (Artikelnummer: ISBN 978-3-937973-25-7)

Inge Nedwed spürt in ihren Erzählungen dem Leben nach. Der Titel Zwangsbremsung lässt nicht nur Eisenbahner aufhorchen. Da hat der Lokführer gepennt, und die Reisenden schrecken hoch. Glück gehabt, die Technik funktioniert bei menschlichem Versagen.
Zwangsbremsung kann auch heißen, mein Körper bremst mich aus. Zwangsweise, weil mein Kopf ihm keine Chance gibt und alle Signale übersieht. Das rüttelt durch und auf.
Mit den acht Erzählungen ist die Autorin auf einem ganz besonderen Gleis. Sie hat es selbst verlegt.

Schönes Wetter heute, sagt Lothar.
Der Alte sieht ihn an. Muss noch den Winterdienst einteilen, für heute Nacht ist Schneefall angesagt. Die Weichenheizungen funktionieren nicht. Weiß gar nicht, worum ich mich zuerst kümmern soll.
Es ist doch Sommer.
So? Sommer? Davon weiß ich nichts. Kennen wir uns?
Ja, ich bin Lothar.
Kenn dich nicht. Doch, kenn dich. Bist der Fahrdienstleiter aus der Brigade 1. Habe in der nächsten Woche noch ein offenes Loch im Dienstplan. Einer krank, der andere zur Nationalen Volksarmee eingezogen. Wie soll ich das nur schaffen? Am Montag ist die Frühschicht nicht besetzt, kannste gleich eine Sonderschicht machen.
Lothar setzt sich zu dem Alten auf die Bank. Ich bin nicht von hier. Mache nur einen Zwischenhalt. Mit der nächsten Regionalbahn fahre ich weiter. Aber die Sonderschicht, die übernehme ich. Wohnst du hier, fragt Lothar den Alten.
Ich verlass mich auf dich, sagt der Alte, mein Sohn heißt übrigens auch Lothar.