In Rolf Burkerts erstem autobiografischen Buch "Mich hat der Esel im Galopp verloren" steht an einer Stelle: "Waisenkinder sind ihr Leben lang Waisenkinder, trotz Familie, trotz erwachsener Kinder." Auch im zweiten Buch dieses Autors aus dem kleinen Dorf Ziepel bei Möckern im Jerichower Land östlich der Elbe wird deutlich, dass der Autor, zugleich Hauptheld, ein Getriebener ist. Er glaubt trotz Beulen und Blessuren immer an das Gute im Menschen, fällt damit natürlich öfter voll auf die Schnauze, weil sich die Wirklichkeit meist anders darstellt. Seine Naivität ist aber gespielt, denke ich, es ist wohl doch Bauernschläue. Und der Autor kann es einfach nicht lassen, schreibt gerade an seiner dritten Teilbiografie.
Günter Hartmann
Textauszug:
"Lass es bleiben, es hat keinen Zweck mehr, du kannst deine Sachen packen, hier ist dein Koffer." Mit diesen Worten wirft Susi meinen Koffer auf das Bett. Diese Bemerkung trifft mich dermaßen, dass ich zu keiner Gegenreaktion fähig bin. Ich kapituliere. Wortlos packe ich meinen Koffer, tue es fast automatisch. Mein Kopf ist wie leergefegt. Ich komme mir hilflos und verlassen vor. Mit dem gepackten Koffer und hängendem Kopf verlasse ich unsere Wohnung. Als ich langsam die Treppe hinabsteige, treffen mich ihre Abschiedsworte wie Keulen. "Und merke dir, du brauchst nicht mehr wiederzukommen. Du kannst ja rüber zu deinem Vater in den Westen, wo du sowieso schon immer hin willst!" Das ist deutlich. Ich gehe zum Ziepeler Bahnhof. Tausend Gedanken schwirren mir durch den Kopf. Es fällt mir schwer, den klaren Durchblick zu bewahren. Beim Kauf der Fahrkarte fragt der Mann hinterm Schalter neugierig: "Nanu, nur nach Burg und mit Koffer?" Ich setze meine treuherzigste Miene auf, antworte: "Ja, ich muss etwas wegbringen."